MAGDEBURG – Einem Forschungsteam der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist ein weltweit einzigartiger Erfolg gelungen: Die Chemiker um Seniorprofessor Dr. Dieter Schinzer konnten den hochwirksamen Naturstoff Disorazol Z1 erstmals vollständig synthetisch herstellen. Das gab die Universität am Mittwoch (02.04.2025) in einer Pressemitteilung bekannt. Der Wirkstoff zählt zu den potentesten zellzerstörenden Substanzen überhaupt – ein bedeutender Schritt für die Krebstherapie.
Disorazol Z1: Ein Naturstoff mit enormer Wirkung
Disorazol Z1 wird von Myxobakterien produziert, die u. a. in Ziegenmist vorkommen, und besitzt extreme zelltoxische Eigenschaften. Bereits in kleinsten Mengen, sogenannten picomolaren Konzentrationen – das sind zwölf Nullen hinter dem Komma – kann der Stoff Zellteilungen verhindern und gezielt Zellen zerstören. Da die Gewinnung aus natürlichen Quellen äußerst aufwendig ist, stellt die Totalsynthese in einem chemischen Labor einen Meilenstein dar. Aus Sicherheitsgründen produzierte das Team zunächst lediglich zwei Milligramm der Substanz.
„Wir haben die Natur nachgeahmt“
Ein großer Vorteil der synthetischen Herstellung liegt in der Möglichkeit, das Molekül gezielt zu modifizieren. „Wir haben die Natur nachgeahmt, aber mit einem entscheidenden Vorteil. Bakterien produzieren Disorazol Z1 nur in einer bestimmten Form, wir können es gezielt anpassen und für medizinische Anwendungen optimieren“, so Prof. Schinzer. So kann es künftig in der Krebstherapie eingesetzt werden, indem es an Antikörper gekoppelt wird und gezielt Tumorzellen angreift, während gesunde Zellen weitgehend verschont bleiben. Der Zelltod, die sogenannte Apoptose, fände dann nur noch dort statt, wo er medizinisch erwünscht ist, erklärt Schinzer.
Nächste Schritte: Patentierung und klinische Anwendung
Nach der erfolgreichen Synthese steht nun die Patentierung an. Gemeinsam mit Industriepartnern sollen die nächsten Schritte Richtung klinischer Anwendung erfolgen. Die Forschung wurde mit rund 1,7 Millionen Euro aus Landesmitteln und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.